Camino 2
Mein Freund Cinto sagt, es besteht eine Parallele dazwischen, wie man den Camino geht und wie man sein Leben lebt.
Vor zwei Jahren war der Camino eine Art Job für mich: ich bin unfassbar weite Strecken jeden Tag gelaufen, habe keine Pausen gemacht, keine Photos. Da ich oft weiter gelaufen bin als die anderen, habe ich viele neue Bekannte direkt wieder verloren. Ich hatte punktuell gute Gespräche, doch vor allem war ich froh, dass diese ganzen interpersonalen Probleme aufgehört haben. Meistens habe ich irgendwelche günstigen Dinge aus dem Supermarkt gegessen. Nach dem Wandern war ich dann erschöpft, surfte etwas im Internet und wartete darauf, dass ich wieder weiter wandern kann, um endlich am Ziel zu sein. Als ich am Ziel war, war ich nur erschöpft, konnte mich nicht darüber freuen. Es gab mir nichts. nur war mein Körper völlig zerstört.
Dieses Jahr habe ich viele Freunde gefunden, vielleicht sehe ich den ein oder anderen sogar mal wieder. Wir reden viel, wir lachen viel und ja manchmal ist es auch anstrengend. Wir gehen zweimal am Tag zusammen essen und es ist schön, ein Teil der Gemeinschaft zu sein. Ich bin auch viel mit mir alleine und merke, dass ich auch das brauche. Entspannte Zeit mit mir alleine, in der ich innehalten kann. Letztes Mal war diese Zeit nur Wandern, um Santiago zu erreichen, doch an sich meist leer. Dieses Mal will ich nicht ans Ziel kommen, weil das heißt, dass es vorbei ist. Ich laufe kürzere Distanzen, so 20 km am Tag. Letztes Mal wurde ich nach so einem solchen Tag noch von der Heimatfront gefragt, ob ich mich verletzt habe. Es ist wesentlich schöner so. Manchmal glaube ich sogar, dass ich etwas Spanisch sprechen kann. Das macht mich hoffnungsvoll.