Ego-Depletion

Geschrieben: 2014-09-08 und jetzt aus dem Grab geholt. Vermutlich nicht mehr ganz aktuell.

Es ist ein typisches Problem, man nimmt sich vor, sich gesund zu ernähren. Doch plötzlich findet man sich nach der Arbeit erschöpft in einem Supermarkt wieder, vor einem unendlichen Regal voller Chips. Chips in ansprechender Verpackung, Chips in allen erdenklichen Geschmacksrichtungen. Man kann nicht widerstehen, greift zu und ersteht eine Tüte. Die ganze Zeit weiß man, dass es falsch ist, dass man es im Großen und Ganzen nicht will, aber es ist egal: Man will diese Tüte Chips.

Wieso finden wir uns in solchen Situationen wieder? Was ist unser verdammtes Problem, dass wir Chips kaufen? (fun fact: Chips sind beliebt, weil sie so tun, als seien sie Fleisch. (Link zu Nature) Der oben geschilderte Fall ist ein ganz klarer Fall von Ego-Depletion. Ego-Depletion bezeichnet den Zustand, in dem uns die Willenskraft fehlt unsere Impulse und unser Verhalten zu kontrollieren. Es ist leicht zu sehen, dass Ego-Depletion uns auf dem Weg zum Erreichen unserer Ziele immer wieder ein Bein stellt. Ja uns manchmal gar zurückwirft.

Der Begriff Ego-Depletion

Der Begriff Ego-Depletion tauchte das erste Mal 1998 bei Baumeister1 auf. Das zugrunde liegende Experiment gestaltet sich wie folgt: Die Studienteilnehmer wurden vordergründig zu einer Studie zum Thema Geschmackswahrnehmung eingeladen. Sie wurden gebeten drei Stunden vor dem Experiment nichts mehr zu essen. Man teilte die Teilnehmer zufällig in eine Radieschen-, eine Keks- und eine Kontrollgruppe ein.

Die Studienteilnehmer wurden in einen Raum geführt, in dem es nach frisch gebackenen Keksen roch und an einen Tisch gesetzt, auf dem zum einen eine Schale mit Schokokeksen und ein paar anderen Süßigkeiten und zum anderen Schale mit Radieschen befanden.

Der Versuchsleiter, sagte den Leuten, sie sollen mindesten zwei oder drei Radieschen, beziehungsweise mindestens zwei oder drei Kekse und ein paar kleiner Süßigkeiten essen. Zudem wurden die Teilnehmer daran erinnert, nur das ihnen zugeteilte Nahrungsmittel zu essen. Dann verließ der Versuchsleiter den Raum und man gab den Teilnehmern in der Radieschen- und der Keksgruppe fünf Minuten, um das jeweilige Nahrungsmittel zu probieren.

Anschließend wurde den Teilnehmern eine Puzzle-Aufgabe gestellt, die unlösbar, ist und die Zeit gestoppt, wie lange sie versuchen eine Lösung zu finden.

Das Ergebnis war, dass die Radieschengruppe im Schnitt 8.35 Minuten, die Keksgruppe im Schnitt 18.9 Minuten und die Kontrollgruppe, die den Teil mit dem Essen übersprungen hat, im Schnitt 20.86 Minuten versuchten das Puzzle zu lösen.

Man könnte nun natürlich einwenden, dass es besser ist möglichst früh mit einer unlösbaren aufzuhören, allerdings war den Teilnehmern, die aufhörten, nicht klar, dass das Puzzle tatsächlich unlösbar ist.

Wir sehen also, dass es Leute schlechter macht, Radieschen zu essen, während sie den olfaktorischen Reizen von Keksen ausgesetzt sind, die sie nicht essen dürfen. Oder abstrakter: Der Gebraucht von Selbstkontrolle führt zu einer verminderten Selbstkontrolle in einer anschließenden Aufgabe.

Ebendieser Effekt wird als Ego-Depletion, von lateinisch depletiola, deplere → la: ausleeren, i.e. Selbsterschöpfung, bezeichnet.

Die Erklärung für Ego-Depletion

Es gibt eine Reihe solcher Studien: Selbstkontrolle wird in Aufgabe 1 benötigt, Leistung in Aufgabe 2, die ebenfalls Selbstkontrolle bedarf, wird schlechter. Deshalb ist es naheliegend davon auszugehen, dass Selbstkontrolle eine endliche Ressource ist. Baumeister2 schlägt vor, die Fähigkeit zur Selbstkontrolle ähnlich eines Muskels aufzufassen (Strength Model) , das heißt, man kann sie trainieren und sie wird durch Beanspruchung erschöpft. Dies scheint intuitiv vernünftig zu sein.

Wenn man aber andere Studien betrachtet, bekommt man das Gefühl, dass es doch nicht so einfach ist.

Zum Beispiel teilten Dang3 u.a. die Teilnehmer einer Studie zuerst zufällig in drei Gruppen ein, Depletion-, Adaption- und Kontrollgruppe.

Alle Teilnehmer mussten den Stroop-Test absolvieren, das heißt, es wurden Wörter in rot oder blau auf einem Bildschirm angezeigt und die Teilnehmer mussten sagen, welche Farbe das Wort hat. Die eine Hälfte der Wörter bestand aus Farbbezeichnungen die andere sinnlosen Wörtern (z.B. XXXXXXXX). Hierbei besteht die Schwierigkeit darin, dass man das Wort direkt liest, aber die Farbe benennen muss. Die Kontrolle- und die Depletion-Gruppe mussten jeweils 48 Wörter benennen, wobei die Kontrollgruppe vermutlich, es wird aus der Studie nicht deutlich, nur kongruente Wörter bekommen hat, das heißt “rot” in rot und “blau” in blau, wohingegen die Depletion-Gruppe mit inkongruenz kämpfen und den Reiz einfach vorzulsen überwinden musste. Die Adaption-Gruppe absolvierte drei Blöcke à 48 Wörter. Dies ist Aufgabe 1, die Selbstkontrolle sollte sowohl in der Adaption-, als auch in der Depletion Gruppe zum Teil aufgebraucht sein.

Beispielhafter Stroops-Test

Jetzt kommen wir zu Aufgabe 2: Die Teilnehmer wurden nun am Bildschirm für 5 Minuten immer im Wechsel je für 500ms Zahlen von 1-6 gezeigt. Immer wenn die Nummer 4 auf die Nummer 6 folgte, sollten sie auf eine Taste drücken. das Ergebnis: Die Personen in der Depletion-Gruppe (M = 5.38) machten deutlich mehr Fehler als die in der Kontroll- (M = 2.35) und Adaption-Gruppe (M = 2.60). Dies ist schwer, mit dem Modell von Baumeister zu erklären, da die Leute in der Adaption-Gruppe über einen viel längeren Zeitpunkt ihre Fähigkeit zur Selbstkontrolle nutzen mussten. Man könnte argumentieren, dass die Leute in dieser Gruppe, immer weniger Selbstkontrolle für das Ausführen der Stroops-Aufgabe benutzen mussten, und sie während des Absolvierens wieder regenerierten, doch erscheint dies weit hergeholt und Dang liefert in seinem Paper einen naheliegenderen Erklärungsansatz:

Die cognitive control theory. Nach dieser Theorie prüft das kognitive System, ob es einen Handlungskonflikt gibt, also zur gleichen Zeit, mehrere konkurrierende Handlungen aktiviert werden. Wie zum Beispiel im Stroop-Test: wir sehen blau und einerseits wollen wir direkt “blau” lesen, aber andererseits müssen wir “rot” sagen. Wenn solch ein Konflikt auftritt, versucht das kognitive System diese zu lösen. Die schlechtere Leistung in der Depletion-Gruppe, wird dabei dadurch erklärt, dass das kognitive System noch damit beschäftigt ist, Kontrollprozesse zum Lösen des Konfliktes aus Aufgabe 1 zu lösen und so für Aufgabe 2, nicht mehr oder nur eingeschränkt zur Verfügung steht.

Ein anderes Erklärungsmodell ist das process model, was von Inzlicht4 vorgeschlagen wird. Anders als die anderen beiden Modelle kommt es ohne die Prämisse aus, dass Selbstkontrolle eine Ressource ist. Die Grundidee hierbei ist, dass jedes Lebewesen eine Balance zwischen Exploration und Ausbeutung finden muss, um zu überleben. Ausbeutung besteht darin, Nutzen oder Lohn aus einer bekannten Quelle zu schöpfen; Exploration darin, neue Quellen zum Ausbeuten aufzutun. Die Frage ist also immer, ziehen wir genug Nutzen aus der Tätigkeit, der wir gerade nachgehen, oder sollten wir besser nach neuen Betätigungsfeldern suchen?

Doch wie erklärt sich durch dieses Modell Ego-Depletion? Kognitive Arbeit, eine Art Ausbeutung, ist inhärent anstrengend, weshalb wir, wenn es keinen hinreichenden Lohn abwirft, davon absehen und uns anderen Tätigkeiten zuwenden. Je mehr Zeit wir damit verbringen, eine Quelle auszubeuten, desto mehr nimmt der [Grenznutzen][Grenznutzen] der Ausbeutung ab, was dazu führt, dass Exploration, geistige Entspannung, im Vergleich dazu immer verlockender erscheint. Dementsprechend erscheint Ego-Depletion nicht mehr als Mangel an Selbstkontrolle, sondern als Veränderung unserer Prioritäten.

Können wir mit diesem Modell das Ergebnis des ersten Experiments erklären? In Aufgabe 1 verrichten die Partizipanten kognitive Arbeit, das heißt, kognitive Erholung wird im Verhältnis zur Arbeit eine immer bessere Alternative, was erklärt, dass die Leute in der Depletion-Gruppe viel schneller aufgeben, da es keinen zusätzlichen Anreiz gibt, das Puzzle zu lösen. Und was ist mit dem zweiten Experiment, wie können wir Erklären, dass die Teilnehmer, die 144 Wörter beim Stroops-Test bekommen haben, besser abschneiden, als diejenigen, die nur 48 Wörter erhalten haben. Wenn man sich die Studie ansieht, sieht man, dass die Leute in der Adaptions-Gruppe, immer besser, das heißt schneller, darin werden, die richtige Farbe zu nennen. Durch diese Adaption an die Aufgabe nimmt die nötige kognitive Arbeit ab und außerdem kommt es zu mehr Belohnung, da mehr Farben richtig benannt werden. Man sieht, dass es schwieriger ist, dies mit dem process modell zu erklären, als mit dem cognitive control modell.

Allerdings hat auch das cognitive control modell seine Defizite. Betrachten wir dazu eine Studie von Boucher 5, in der untersucht wurde, wie die Idee von Geld im Bezug auf Ego-Depletion wirkt: Die Studienteilnehmer wurden in eine Kontrollgruppe und in eine Depletion-Gruppe eingeteilt. Wie immer fangen wir mit einer Aufgabe an, die Selbstkontrolle bedarf: Alle Teilnehmer wurden gebeten aus einem Text jedes “e” zu streichen. Anschließend wurde ihnen ein weiterer Text geben, in der Kontrollgruppe, wurden die Teilnehmer wiederum gebeten, einfach jedes “e” zu streichen, in der Depletion-Gruppe hingegen wurden sie gebeten, nur jedes “e” zu streichen, dass nicht neben oder zwei Buchstaben von einem anderen Vokal entfernt ist zu streichen. Die Depletion-Gruppe musste also dem Reiz, wie auf der ersten Seite, jedes “e” zu streichen widerstehen

In diesem Experiment folgt nicht direkt eine zweite Aufgabe, das ebenfalls Selbstkontrolle bedarf, sondern es wurde, eine kleine und einfache Aufgabe zum Priming auf einen neutralen oder auf einen Geldreiz gestellt. Dazu wurden beide Gruppe, die Kontroll- und die Depletion Gruppe ein weiteres Mal aufgeteilt, so dass jeweils die Hälfte jeder Gruppe ein neutrales und die andere Hälfte ein monetäres Priming erhielt. Das Priming geschah wie folgt: Die Teilnehmer mussten aus jeweils fünf vorgegebenen Wörtern einen vierwörtigen Satz bilden. Bei der Geldgruppe wurden dabei 15 Sätze die einen Zusammenhang mit Geld haben ausgewählt (z.B. “won green the lottery I” wurde zu “I won the lottery), die Kontrollgruppe bekam neutrale Sätze (z.B. “metal I wrote letter the” wurde zu “I wrote the letter”.) Ich persönlich finde es immer wieder überraschend, dass eine solch subtile Manipulation überhaupt einen Effekt hat, aber wir wollen nicht abschweifen. Nachdem die Teilnehmer auch diese Aufgabe erfüllt haben kommen wir endlich zur zweiten Aufgabe, die Selbstkontrolle verlangt und zwar wieder zum Stroops-Test. Jeder Teilnehmer erhielt zu erst ein kongruenten Satz von 49 Farbwörtern, das heißt “blau” war blau usw. danach bekamen sie einen inkongruenten Satz. Dieser zweite Satz erfordert, wie wir schon gesehen haben wieder Selbstkontrolle. Als Indikator für die Fähigkeit zur Selbstkontrolle wurde der Unterschied zwischen der für den ersten und der für den zweiten Satz benötigten Zeit genommen.

Was ist das Ergebnis? Weder die Effekte von Depletion und Priming an sich waren signifikant. Allerdings waren die Personen in der Depletion-Geld-Gruppe wesentlich besser als die in der Depletion-Neutral-Gruppe und ihr Ergebnis war nicht signifikant unterschiedlich von der Kontrollgruppe, die nicht depletet war.

Dieses ist mit der cognitive controll theory schwer zu erklären, wieso sollte man aufhören mit dem Handlungskonflikt aus Aufgabe 1 beschäftigt sein, nur weil man mit begriffen aus dem Bereich Geld geprimet wurde? Wieso hört das kognitive System nicht unabhängig davon auf, sich damit zu beschäftigen, wenn es sich besser um den Handlungskonflikt aus Aufgabe 2 kümmern sollte, die ja gerade bewältigt werden muss? Es passt nicht zusammen. Das process modell kann dieses Ergebnis leicht erklären, da Geld leicht damit assoziierbar ist, auf instantane Gratifikation zu verzichten, um sich zu einem späteren Zeitpunkt zu belohnen.

Jedes der drei vorgestellten Modelle hat seine Schwächen, allerdings scheint mir das process model das treffendste zu sein und hat zudem anders als die anderen Theorien eine Einbettung in die Evolutionstheorie.

Money

Die Gegenmittel

Es ist schön zu wissen, warum man schlechte Entscheidungen trifft, aber es ist besser zu wissen, wie man es verhindern kann, deshalb folgen nun im Anschluss einige Tricks, Ego-Depletion entgegenzuwirken.

An Geld denken

Wir haben bereits gesehen, dass man, wenn man an Ego-Depletion leidet, sich einfach mit Geld befassen soll. Anschließend ist man dann wieder so fit, wie eine nicht depletete Person. Also immer schön, die Scheine auf den Tisch und öfter mal den Goldkurs checken.

Erwachsen werden

Dahm liefert uns eine Studie6 , die zu dem Ergebnis kommt, dass Ego-Depletion nur bei jüngeren Erwachsenen auftritt. Es wird darauf hingewiesen, dass die meisten Studien zu Ego-Depletion nur aus studentischen Teilnehmern betrachtet, und die Ergebnisse deshalb nicht auf die Gesamtbevölkerung generalisiert werden können. Als Argument dafür, dass es bei älteren Teilnehmern zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, wird angeführt, dass die Frontallappen, die mit Selbstkontrolle in Verbindung gebracht wird, bei Studenten aufgrund ihres geringen Alters nicht ausgewachsen sind. Also formuliert Dahm die These, dass es bei Älteren zu keinem Ego-Depletion Effekt kommt.

Der Experimentaufbau. Es gab zwei Gruppen: Teilnehmer unter 25 Jahren und Teilnehmer zwischen 40 und 65 Jahren. Jede dieser Gruppen wurde in drei Gruppen aufgeteilt: leichte Version des Stroop-Test, schwere Version des Stroop-Test, und eine Kontrollgruppe, die keinen Stroop-Test absolviert.

Danach wurden die Teilnehmer gebeten zu insgesamt 15 Wörtern, die eine Zeitperiode die länger ist als ein Tag ist beschreiben (Urlaub, Jugend, Kindheit, etc.), eine spezifische autobiographische Erinnerung zu nennen, die zu einer bestimmten Zeit passiert ist, das heißt nicht über einen längeren Zeitraum. Um eine Erinnerung zu nennen hatten sie bei jedem Wort 30 Sekunden Zeit.

Das Ergebnis: Jüngere Teilnehmer fanden mehr Erinnerungen. Ein Ego-Depletion-Effekt ist bei jüngeren Teilnehmern signifikant, bei älteren Teilnehmern allerdings nicht. Sieht man sich allerdings die Ergebnisse der zweiten Aufgabe an, sieht man, dass auch bei den Älteren eine Tendenz zu sehen ist, wenn dies auch nicht signifikant ist, so fanden ältere Teilnehmer in der Kontrollgruppe 2 Erinnerungen mehr, als diejenigen, die die schwere Version des Stroop-Test absolviert hatten.

Die Studie belegt somit nicht, dass es keinen Ego-Depletion-Effekt bei älteren Menschen gibt, da dazu gezeigt werden müsste, dass es signifikant ist, dass es keinen Effekt gibt, das geschieht in der Studie allerdings nicht. Zudem wären auch andere Gründe denkbar, die dazu führen, dass Ältere keine Ego-Depletion erleiden, zum Beispiel sind diese anders als die jüngeren nicht in einer Welt voller instantaner Gratifikation via Computer etc. aufgewachsen und unterlagen einer ganz anderen Sozialisation. Insgesamt sollten wir uns nicht der Hoffnung hingeben, dass es mit dem Alter besser wird.

Gute Laune

Endlich eine Rechtfertigung, lustige Katzenvideos zu gucken. Wie ich Katzen hasse. Tice u.a.7 haben eine Reihe von Experimenten gemacht, die die Auswirkungen von guter Laune auf Ego-Depletion erleuchten sollten. Es wurde wieder eine Aufgabe ausgeführt, die Selbstkontrolle erfordert, dann wurde ein Reiz gesetzt, der gute Laune induzieren sollte, zum Beispiel wurde ein lustiges Video gezeigt, während die Kontrollgruppe sich nur ausgeruht hat, oder ein trauriges Video gesehen haben. Es wurde natürlich mit Fragebögen evaluiert, ob das lustige Video tatsächlich zu einer besseren Stimmung führte, was der Fall war. Dann ging man zur zweiten Aufgabe über, die Selbstkontrolle erfordert. Das Ergebnis: Teilnehmer, die in gute Laune versetzt wurden, schnitten bei der zweiten Aufgabe deutlich besser ab.

Es ist so großartig, ich werde den ganzen Tag auf Youtube verbringen, wo wir auch schon beim Problem sind, dass wir in den meisten Situationen niemanden haben, der uns vorgibt, was wir tun sollen und wie lange. Man versackt sehr leicht dabei lustige Videos zu gucken, aber man sollte es in seine Pausen einbauen, da es anscheinend einer Pause ohne Amüsement unterlegen ist.

Mehr Selbstwahrnehmung

Alberst u.a.8 haben herausgefunden, dass eine Erhöhung der Selbstwahrnehmung den Ego-Depletion-Effekt reduziert. Das Vorgehen ist wie folgt: Erste Selbstkontrolle bedürfende Aufgabe, Priming dadurch, dass die eine Gruppe aus Wörtern Sätze bilden muss, die in der ersten Person Singular stehen (z.B. “I buy some bread”) und die andere welche in der dritten Person Singular (z.B. “He buys some bread”). Dann folgte eine weitere Aufgabe, die Selbstkontrolle bedarf.

Das Ergebnis: Die Leute in der Depletion-Gruppe, die mit dem Priming durch das selbstbezogene Personalpronomen, schnitten besser ab, als diejenigen die ein neutrales Priming hinter sich hatten. In der Kontrollgruppe gab es keinen signifikanten Effekt durch das Ich-Priming.

Was können wir also tun? Vielleicht einfach einen Spiegel über dem Schreibtisch aufhängen, um uns öfter zu sehen. Die Kinder in einer Studie von Beaman[9] nahmen weniger Süßigkeiten, wenn sie sich dabei in einem Spiegel sehen konnten, als wenn kein Spiegel im Raum war.

Your mental stanima fuels itself

Job u.a.9 haben sich auch mit dem Thema Ego-Depletion beschäftigt, und zwar haben sie versucht, herauszufinden, welche Auswirkung die persönlichen Überzeugungen zum Thema Willenskraft auf das Auftreten von Ego-Depletion haben. Dazu haben sie in einem ersten Experiment vorab alle Teilnehmer einen Fragebogen voller Skalierungsfragen zum Thema Willenkraft ausfüllen lassen. Es wurden einerseits Fragen, die von Willenskraft als limitierter Ressource ausgehen (z.B. “After a strenuous mental activity your energy is depleted and you must rest to get it refueled again”) und anderseits Fragen, die von unlimitierter Willenkraft ausgehen (“Your mental stamina fuels itself; even after strenuous mental exertion you can continue doing more of it”) gestellt. Alle Aussagen mussten auf einer Skala von 1-6, 1=stimme voll zu, 6 = stimme überhaupt nicht zu beantwortet werden. Anschließend gab es für die Depletion-Gruppe eine Aufgabe, für die Selbstkontrolle vonnöten ist und für die Kontrollgruppe eine ähnlich Aufgabe, die dieser nicht bedurfte. Es folgte der Stroops-Test.

Das Ergebnis: Personen, die eine starke Zustimmung zu Aussagen, die eine Nicht-Limitiertheit der Willenskraft implizieren erlitten keinen Ego-Depletion, die anderen allerdings schon. Schön, wird man sich denken, aber was ist, wenn alle Leute nur ehrlich geantwortet haben und es für die Leute, die an eine limitierte Willenskraft glauben, die Wirklichkeit ist? Um dies auszuschließen, haben Job u.a. noch ein weiteres Experiment durchgeführt. Dieses Mal manipulierten sie die Vorstellung von Willenskraft, die die Teilnehmer hatten. Es wurde zu beginn wieder ein Fragebogen ausgefüllt, doch dieses Mal, gab es einen Fragebogen, der nur Aussagen beinhaltete, die der limitierten Theorie entsprachen und einen der nur Aussagen der unlimitierten Theorie über Willenskraft beinhaltete. Die Teilnehmer stimmten beiden Bögen in etwa gleichermaßen zu.

Das Ergebnis dieses Mal: Die Personen, die den Fragebogen, der nur Aussagen enthielt, die darauf primen, dass Willenskraft unbegrenzt ist, erlitten keine Ego-Depletion, die anderen hingegen schon.

Wie ist das zu erklären? Das process model macht es deutlich, es liegt nicht daran, dass wir uns nicht kontrollieren können, sondern irgendwann nicht mehr kontrollieren wollen, und wenn wir glauben, dass Willenskraft endlich ist, dann haben wir nicht mehr die Verantwortung für unser scheitern, man kann eben nichts machen. Gehen wir aber davon aus, dass Willenskraft unbegrenzt vorhanden ist, dann sind wir selbst dafür verantwortlich, wenn wir versagen uns zu kontrollieren.

Abschließende Worte

Ein generelles Problem bei allden Studien liegt in meinen Augen darin, dass es sich immer nur um extrinsisch motivierte Handlungen handelt und es allgemein bekannt ist, dass das setzen einer extrinischen Motivation unterumständen eine vorher vorhandene intrinsische Motivation unterminiert. Das heißt, wenn der Gedanke an Geld einem hilft, ablenkungsfrei durch seinen belanglosen Job zu kommen, kann es für die Arbeit an einer App, die man programmiert, weil man sie haben will, eher hinderlich sein.

Insgesamt ist es wohl das beste, mehr Spaß an dem zu haben, was man macht, und sich stärker klarzumachen, dass es wirklich auf langfristige Sicht, das Beste ist, was man tun kann, und sich mehr daran freuen, dass man gerade das richtige macht.

Love to all the chaps,

— Janot


Grenznutzen

  1. Baumeister R.F., Bratslavsky E., Muraven M., Tice D.M. (1998). Ego depletion: Is the active self a limited resource? Journal of Personality and Social Psychology, 74, 1252-1265 

  2. Baumeister R.F, Vohs K.D., Tice D.M. The Strength Model of Self-Control Current Directions in Psychological Science December 2007 vol. 16 no. 6 351-355 

  3. Dang, J., Dewitte, S., Mao, L., Xiao, S., and Shi, Y. (2013). Adapting to an initial self-regulatory task cancels the ego depletion effect. Conscious. Cogn. 22, 816-821. doi: 10.1016/j.concog.2013.05.005 

  4. Inzlicht M., Schmeichel B.J., Macrae C.N. Why Self-Control seems (but may not be) limited Trends in Cognitivce Sciences vol. 18, Issue 3, March 2014, 127-133 

  5. Boucher H.C., Kofos M.N. The idea of money counteracts ego depletion effects. journal of Experimental Social Psychology vol. 48, Issue 4, July 2012, 804 - 810 

  6. Dahm D., Neshat-Doost H.T., Golden A-M., Horn E., Hagger M., Dalgeish T. Age Shall Not Weary Us: Deleterious Effects of Self-Regulation Depletion Are Specific to Younger Adults PLoS ONE 7(1): 10.1371 

  7. Tice D.M.,Baumeister R.F., Shmuelib D., Muravenc M. Restoring the self: Positive affect helps improve self-regulation following ego depletion Journal of Experimental Social Psychology Volume 43, Issue 3, May 2007, Pages 379-384 

  8. Alberts H.J.E.M., Martijn C., de Vries N.K.Fighting self-control failure: Overcoming ego depletion by increasing self-awareness Journal of Experimental Social Psychology Volume 47, Issue 1, January 2011, Pages 58-62 

  9. Job V., Dweck C.S., Walton G.M. Ego Depletion-Is It All in Your Head?Implicit Theories About Willpower Affect Self-Regulation Psychological Science, Vol 21, Issue 11, 1686 - 1693