Der Froschkönig

Eine kurze Nacherzählung.

Die Königstochter spielt mir ihrer goldenen Kugel, diese fällt in den Brunnen. Der Frosch macht ein unmoralisches Angebot: Kugel gegen Liebe. Das Mädchen stimmt zu, hält sich aber nicht an die Abmachung. Der König zwingt sie dann, ihr Wort zu halten, also zieht der Frosch bei ihr ein. Als er dann bei ihr im Bettchen schlafen will, wird es ihr zu widerlich und sie wirft den Frosch gegen die Wand, auf dass er zum Prinzen. Der König entscheidet nun das sie heiraten sollen und sie fahren dann zum Reich des Prinzen zum zu heiraten. Der eiserne Heinrich, des Prinzens Diener, der durch die Froschverwandlung seines Meisters, so zerstört war “daß er drei eiserne Bande hatte um sein Herz legen lassen, damit es ihm nicht vor Weh und Traurigkeit zerspränge.”. Die Banden zerspringen auf der Kutschfahrt.

Bemerkungen

Erstens bemerken wir, dass in dem ganzen Märchen kein Froschkönig auftritt. Wohl aber ein eiserner Heinrich, der aber eher vergessen wird.1 Der Frosch ist ein Prinz und der König kein Frosch. Wer ist also der Froschkönig?

Zweitens fallen uns zwei parallele und in einander verwobene Entwicklungen auf, der Frosch wird zum Prinzen und die Prinzessin zur Prinzessin, die Königstochter zur Prinzgemahlin, sprich das Mädchen zur Frau.

Die Charaktere

Der Frosch

Betrachten wir nun zuerst den Frosch: Ekelhaft und schleimig. Als Amphibie keiner Welt zugehörig: Ja, ein Monster. Er hilft der Königstochter, doch nur um ihr Freund ;-) zu werden. Der Frosch ist in gewisser Weise der vollkommene Creep. Nach dem er ihr half, verweigerte ihm die Königstochter seinen Lohn, die Freundschaft. Klassisches Motiv. Niemand findet gefallen an einem needy Lurch.

Der Frosch war natürlich, mit der Situation unzufrieden, darum ging er zum König. Man hatte schließlich einen Vertrag geschlossen. Der König als Richter sagt: pacta sunt servanda2, der Frosch darf also bei der Prinzessin essen etc.

Exkurs der König

Wir entschuldigen uns hier zuerst für den mangelnden roten Faden, doch zwingt uns die zeitgenössische Betrachtung, anzunehmen, dass sich das Patriarchat gegen die arme unschuldige Prinzessin verschworen hat. Wir müssen uns hier die Fragen, ob der König dies als König entscheidet oder als Vater. Als König ist er der oberste Richter[^nat.gesetz] und es seine Aufgabe, für die Durchsetzung des Rechts zu sorgen. Diese Aufgabe als König ist bedeutsamer als die als Vater.3

Nun wollen wir uns trotzdem kurz mit der Rolle als Vater beschäftigen. Sollte er seine Tochter vor den Folgen ihres Handeln schützen. Kann die Tochter erwachsen werden, wenn sie von den Folgen stets geschützt wird? Hier ist eben die Frage, ob der Vater einschätzen kann, wie viel Folgen, er der Tochter zumuten kann, sprich ob sie mit den Folgen umgehen kann, ob sie daran zugrunde geht oder wächst.

Bei der Betrachtung des Königs, fällt uns eine Fehlstelle auf, wo ist die Königin? Warum fehlt sie? Würde sie das alles erlauben? Hier greift mein Geist ins Leere. Vielleicht würde sie den König anflehen und sagen, oh nein, unsere arme Tochter, wie kannst Du ihm bei ihr im Bett schlafen lassen, oh nein, und der König würde nichts sagen.4 Was könnte sie also zur Geschichte beitragen?

Das Schlafgemach

Nun darf also der Frosch, mit der Erlaubnis von oberster Stelle bei der Prinzessin schlafen. Creepy. Die Prinzessin denkt sich nun WTF?! und schleudert den Frosch gegen die Wand. Durch diese Ablehnung. Durch diese Erkenntnis, dass er die Prinzessin anwidert, dass all seine List daran nichts ändern kann, wird er zum Prinzen. Der ekelhafte Lustmolch ist zum Mann geworden, weil er seine Natur erkannt hat, er lässt seine niedere Natur hinter sich, sobald er sie erkennt.5

Der Frosch wurde also vom Creep/Frosch zum (Proto-)Alpha/Thronfolger.

Die Königstochter

Was ist mit ihr? Sie ist ein Mädchen, dass mit einer goldenen Kugel spielt. Sie hoch wirft usw. Sonnenaufgang, Sonnenuntergang und auch die Tochter selbst hat natürlich goldene Haare wie die Sonne. Die Tochter nimmt es viel zu leicht hin, passt nicht auf ihre Kugel, die Sonne, also sich selbst auf, und nun passiert, was passieren muss, die Kugel fällt in die Tiefe des Brunnens. Sie kann nicht mehr geborgen werden. Die Tochter ist untröstlich. Doch das Leben als Königstochter ist sehr leicht und schon bietet ihr ein Frosch an, dass er die Kugel retten kann. Sie hört vielleicht gar nicht richtig zu, was er dafür verlangt. Nun erhält sie ihre Kugel zurück, ist glücklich und geht nach Hause, und denkt gar nicht daran, sich an ihren Teil der Abmachung zu halten. Warum sollte man den Creep auch nicht ausnutzen?

Es klappt zuerst sehr gut, die Tochter ist wieder mit der Kugel vereint und ist froher Dinge und genießt ihr Leben im Palast. Doch plötzlich taucht dieser Frosch wieder auf. Ekelhaft. Sie wimmelt ihn ab. Doch der Frosch ist so hartnäckig, er geht zum Vater und fordert sein Recht. So muss die Prinzessin dann Wort halten. Das gefällt ihr natürlich nicht.

Auf einmal hat ihr Handeln Folgen, da spielt sie unachtsam mit der Kugel, sie fällt in den Brunnen, dann paktiert sie mit einem Monstern, um diese wieder zu bekommen und nun passieren auf einmal schlimme Dinge. Wer hätte damit rechnen können? Warum hilft Papa nicht? Alles fing unschuldig an liegt sie mit einem Creep im Bett.

Das ist ihr wirklich zu widerlich. Sie versucht sich nicht mehr nur passiv zu entziehen, sondern steht für sich und ihre Grenzen ein, sie schmeißt den Frosch gegen die Wand und er verwandelt sich. Sie macht den Frosch zum Mann.6 Dafür musste sie zuerst aktiv werden, dass heißt die Verwandlung der Königstochter geht der des Frosches voraus, wobei die Abartigkeit und Aufdringlichkeit des Frosches die Passivität unerträglich machte.

Der Frosch erweckt die Tochter, sodann die Tochter den Frosch. Letztlich ist es eine Comming-To-Age-Story.

Der Eiserne Heinrich

Wer ist dieser Diener des Prinzen, der die Kutsche lenkt, der die Pferde (lies: Tiere, lies: Unterbewusstsein?) in die richtige Bahn lenkt? Und wieso musste er seinen Emotionen abstumpfen, als sein Herr ein Frosch war? Ist der Diener ein Teil des Prinzen selbst? Vielleicht kann der Herr nur ein Frosch sein, weil er seine Emotionen abstumpft?

Für Hinweise wäre ich hier dankbar.


  1. Zumindest vom Autor. 

  2. lat., dt. Verträge sind einzuhalten 

  3. Dass das Höchste/Gott/etc. wichtiger ist, als die Familie ist ein klassisches Motiv vgl. Abraham und Isaac etc. Es ist aber auch trivial, weil ansonsten die Familie das höchste wäre. 

  4. Wahre Macht schweigt. 

  5. Diese Einsicht ist notwendig, da sich der Frosch, ansonsten nur in einen verbitterten Frosch, genre toxic incel verwandeln würde. 

  6. Vgl. die Schöne und das Biest o.ä.