Bhagavadgita
Meine Unterstreichungen:
Wie könnten wir noch glücklich sein,
Wen uns befleckt Verwandtenmord?
Des Frevels Schuld vernichtet uns,
Erschlagen wir die Feinde dort.
Fürwahr, es wäre besser mir,
Wenn wehrlos, one Widerstand,
Ich fiele in dem Kampfe jetzt
Durch eines Dhartaraschtrers Hand!
» Wie kommt es, dass im Unglück jetzt
Verzagtheit deinen Sinn ergreift,
Die dir den Weg zum Himmel schließt,
Auf Erden Schande auf dich häuft?
Verzweifle nicht, du Pritha-Söhn,
Nicht ziemt dies deinem Heldensinn;
Ermanne dich, Parantapa!
Gib dich nicht schwachem Kleinmut hin!«
Besser Dürftigkeit als Reichtum,
Durch Verwandtenmord errungen
»Dein Wort scheint sinnvoll, doch du klagst
Um die, die nicht beklagenswert,
Ein Weiser klagt um niemanden,
Dem Leben oder Tod beschert.
Verbindung mit dem Stofflichen
Schafft Glut und Kälte, Lust und Schmerz,
Die gehn und kommen dauerlos,
Ertrage sie mit starkem Herz.
Vergänglich sind die Leiber nur,
Der ew’ge Geist, der sie beseelt,
Ist ohne Ende, ohne Maß,
Drum kämpfe unverzagt als Held!
Denn untergehn muss, was entsteht,
Und wiederkehren, was verschwand,
Drum klage nicht um das, was du
Als unvermeidlich hast erkannt
Bedenke auch, was sich gehört,
O Ardschuna, und wanke nicht,
Denn fechten im gerechten Kampf,
Das ist des Kriegers erste Pflicht.
Den Nutzen, den ein Brunnen hat,
Wenn rings ist überschwemmt das Land,
Nur solchen Nutzen hat die Schrift
Für den, der höchste Weisheit fand,
Das Werk zu tun sei dein Beruf,
Nicht kümmre dich’s, ob es gelang,
Begehre nie der Taten Frucht,
Doch fröne nicht dem Müßiggang.
Hat sich dein Denken einmal erst
Vom Wirral allen Wahns entfernt,
Erfasst ein wahrer Ekel dich
Vor allem, was du einst gelernt.
Die Sinnendinge, nicht der Trieb
Entschwinden dem, der sich kasteit,
Der Drag nach ihnen schwindet erst,
Schaut er des Selbstes Herrlichkeit.
Dem Unbeherrschten felt Vernunft,
Und auch Versenkung ist ihm fremd.
Wo gibt es Ruhe oder Glück
Für den, der nicht das Denken hemmt?
Nicht einen Augenblick verbringt
Der Mensch in bloßem Müßiggang:
Auch unwillkürlich handelt er
Nach des Naturgesetzes Zwang.
Vollziehe das notwend’ge Werk;
Denn Tun ist besser als nichts tun,
Selbst die Verrichtungen des Leibs
Auf einer Tätigkeit beruhn.
Ans Dasein bindet jedes Tun,
Das nicht geschieht aus Opferpflicht;
Vollbringe darum zwar ein Werk,
Doch hänge an demselben nicht.
Denn sollte jemals es geschehn,
Dass ich nicht handle ohne Rast,
Die Menschheit hätte sich schon längst
an meinem Beispiel angepasst.
Nur Toren handeln wahnbetört.
Dass ihnen werde Lohn zuteil,
(Die Weisen handeln frei von Hang
Allein nur für der Menschheit Heil.)
Wer andachtsvoll nach Lohn nicht strebt,
Der geht zum höchsten Frieden ein,
Wer andachtslos nach Früchten sucht,
Kann sich vom Karma nicht befrein.
Wer Sinne, Herz, Vernunft beherrscht;
Von Gier, Furcht, Zorn sich hat befreit
Und einzig die Erlösung sucht,
Der ist erlöst für alle Zeit.
Wer nicht mehr hängt an einem Tun
Noch an der Sinnendinge Lauf,
Wer allen Wünschen hat entsagt
Der – heißt es – stieg zum Yoga auf.
Nicht drücke er sich selbst herab,
Er hebe sich durch eig’ne Kraft,
Des Menschen Selbst steht mit ihm selbst
In Bündnis oder Gegnerschaft.
Der steht mit seinem Selbst im Bund.
Der sich aus eigner Kraft besiegt;
In Feindschaft lebt mit seinem Selbst,
Wer seinen Trieben unterliegt.
Wer gleich sich bleibt, ob Freund, ob Feind,
Ob Fremdling oder blutsverwandt,
Ob gut, ob schlimm der andre sei,
Dess’ Name wird mit Ruhm genannt.
In dieser wie in jener Welt
Kann niemals einer untergehn,
Der etwas Gutes hat getan,
Denn das, was gut, bleibt stets bestehn.
Wer zur Erfüllung eines Wunschs
Fromm eine andre Gottheit ehrt,
Dem wird, was er von ihr erhofft,
In Wahrheit nur von mir beschert.
Doch ist vergänglich nur der Lohn,
Der diesen Toren wird zuteil:
Zu Göttern geht, wer Göttern dient,
Wer mich ehrt, findet ew’ges Heil.
Auch wenn ein durchaus schlechter Mensch
An mir in gläub’ger Inbrunst hängt,
Ist doch als fromm er anzusehn,
Weil er in rechtem Glauben denkt.
31 Bald wird er reinen Herzens dann
Und geht zum ew ‘gen Frieden ein,
Denn niemals wird, das glaube mir,
Wer mir vertraut, verloren sein.
Als der Zeitgott kam ich hierher,
Um der Welt den Tod zu geben:
Selbst wenn du nicht kämpfen würdest,
Bliebe keiner hier am Leben.
Drum erhebe dich, o Tapfrer,
Und erlange Ruhm und Ehre,
Sei mein Werkzeug nur, besiege
Die von mir zerstörten Heere.
Schon sind Drona, Bhischma, Karna
Und die andern Schlachtenleuen
Weggetilgt von mir, d’rum, Tapf’rer,
Töte furchtlos, die dir dräuen.
Auch wer gleichgültig, rein und klug,
Wer ohne Furcht und Hoffen ist,
Selbstsücht’gen Handelns sich begibt,
Der ist mein Freund zu jeder Frist.
Wer einsieht, dass jedwedes Werk
Vollbracht wird durch die »Urnatur‹
Und dass das Selbst nie Täter ist,
Nur der folgt der Erkenntnis Spur.
Kein Sterblicher vermag jemals
Das Handeln aufzugeben ganz,
Doch wer aufgibt den Wunsch nach Lohn,
Der strahlt in des Verzichtes Glanz.
Wer unbefleckt von Selbstsucht ist,
Sein Selbst nicht für den Täter hält,
Der tötet nicht, wenn er erschlägt;
Nichts bindet ihn an diese Welt.
Drum liege deiner Pflicht nur ob;
Und lässt dich auch die Kraft im Stich:
Wer tut, was sein Beruf gebeut,
Der ladet keine Schuld auf sich.
Wo Krishna weilt, der Andacht Herr,
Und Prithas heldenmüt’ger Sohn,
Da ist das Glück, der Sieg, die Macht,
Da ist der rechten Führung Lohn.