Über Nachrichten

Nachrichten? Muss ich denn nachgerichtet werden?

– Ein Freund

Monate sind vergangen, ohne dass ich die Nachrichten geschaut habe. Natürlich wird immer irgendwas irgendwie angespült, das ist wie mit Fußball, doch ich habe es dann auch wieder vergessen. Habe ich etwas wichtiges verpasst? Ich würde mich über Einsendungen freuen.

Mit der wachsenden Distanz bin ich zu dem Ergebnis gekommen, dass Nachrichten nichts für Menschen wie mich sind.

Letztlich sind alle Nachrichten wie Fußballnachrichten, Unterhaltung, weil man nicht immer über das Wetter reden kann und nicht über persönliches reden will.

Gut, Fußballnachrichten geben den Leute nicht das Gefühl, etwas zu wissen. Also natürlich wissen alle, wie man eine bessere Aufstellung macht, auch wenn sie vielleicht niemals Fußballtrainer waren, oder vielleicht auch niemals halbwegs seriös Fußball gespielt haben, aber es ist eben nur Fußball.

Das schlimmste ist Wissenschafts-Journalismus. Die Leute haben einen wirklich unfassbar naiven Glauben an das Wissenschaffen der Wissenschaft. Es fehlt einfach Wissenschaftstheorie, wobei schon reichen würde, sich folgende Fragen zu stellen:

  • Mit welchem Experiment kann man das herausfinden?
  • Wie groß ist der Effekt?
  • Ist das relevant?
  • Was könnten andere Gründe für das Ergebnis sein?

Das meiste Wissen was mit Papern (insbesondere Softsciences) generiert wird ist sehr vage, “da müsste/könnte man nochmal genauer forschen”, ist also für den Diskurs außerhalb der Wissenschaft vollkommen irrelevant. Es ist einfach sehr schwierig etwas herauszufinden.

Wenn jetzt aber ein Wissenschaftsjournalist daherkommt, und schreibt, Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Milchkonsum irgendein Krebsrisiko erhöht, erhalte ich warnende Nachrichten, dass ich aufhören solle Milch zu trinken, weil sie krebserregend sei. Das Problem ist

  1. Die Wissenschaftler haben das nicht herausgefunden, sondern nur, eine Korrelation zu einem bestimmten Krebsrisiko festgestellt haben, die auch nur marginal ist (+10%-ish). Wenn man sich wirklich langweilt, kann man entdecken, dass andere Wissenschafter eine negative Korrelation zwischen Milchkonsum und irgendeinem anderen Krebsrisiko festgestellt haben.

  2. Der Wissenschaftsjournalist ist natürlich ökonomischen Sachzwängen ausgesetzt und kann es nicht so schreiben. Gleichzeitig findet er vermutlich, dass wir zu viel tierische Produkte konsumieren, weshalb er über das gesteigerte Krebsrisiko schreibt und nicht über das verringerte Krebsrisiko (oder er hatte keine Zeit zu recherchieren, anders als ich). Letztlich entscheiden Wissenschaftsjournalisten darüber, was die Leute für wissenschaftliche Ergebnisse wahrnehmen.

  3. Die Person, die mir solche Warnungen schickt, macht sich natürlich auch die Arbeit nicht, darüber nachzudenken. Das hat ja der Wissenschaftsjournalist schon gemacht. Außerdem ist es viel opportuner, sagen zu können Milch ist ungesund, du lebst ungesund, guck da, der Journalist sagt es auch.

  4. Die Person hat weiterhin die Aussage des Artikels von “erhöht ein bestimmtes Krebsrisiko” zu “erhöht Krebsrisiko” verändert.

  5. Ich verschwende meine Zeit.

  6. Die Leute denken, dass sie was wissen, wenn sie so einen Artikel von Wissenschaftsjournalisten gelesen haben. Was heißt, dass sie danach weniger wissen.

Anmerkung der Redaktion: der Text ist so alt, dass man es als einen ganz hypothetischen Fall betrachten kann, der die Allgemeinheit doch nur zu gut beschreibt.