Camino 0

Der letzte Monat war der dunkelste und schmerzhafteste, an den ich mich erinnern kann.

Doch es ist wie es Zarathustra sagt:

Von Grund aus liebe ich nur das Leben —und, wahrlich, am meisten dann, wenn ich es hasse!

Es ist das erste Mal, dass ich das Gefühl habe, dass Leben habe Bedeutung. Am Anfang musste ich kurz lachen, dass Brahma mir das Gefühl gab, dass alles so wichtig ist, doch dieses Lachen ist mir vergangen. Und irgendwie bahnt sich ein neues Lachen den Weg. Jeden Tag lässt die schwere nach, jeden Tag eine weitere Last die von mir fällt.

Die Last, die mir als Sicherheit erschien, das Gefühl alles Planen und Kontrollieren zu müssen, erweist sich als Unmöglichkeit. Es gibt gerade keine Zukunft mehr. Ich kann mir nichts vornehmen, weil ich nicht weiß, wer ich bin, was ich brauche. Das Leben hat mich zu einem Roboter gemacht. Oder ich mich selbst. Jetzt bin ich entfesselt, doch es ist schmerzhaft, jeden Tag in den Abgrund zu schauen, den ich mein Leben lang ignoriert habe, dieser Abgrund bin ich selbst.

Meine Frau und ich haben uns getrennt und doch haben wir durch den Schmerz immer näher zu einander gefunden. Ich fühle mich nun allen Näher, meine Beziehungen sind alle echter geworden. Zum erste Mal fühle ich mich dem Leben verbunden.

Als ich letztens mein Tagebuch lass, wurde mir ernstlich schlecht, wie ich je so leben konnte und gleichzeitig habe ich Verständnis dafür, denn das Leben ist brutal. Auch jetzt bin ich erschöpft und möchte oft, dass diese Brutalität aufhört, doch das hieße auch, dass das Leben wieder aufhörte, das Schöne.

Für mich ist es nun Zeit, alleine zu sein. In mich hineinzuhorchen. Ab morgen, werde ich das erste Mal keinen Kontakt zu meiner Frau haben. Ab Dienstag bin ich dann ganz allein auf dem Jakobsweg.

Ich bin gespannt auf meine Drachen. Wünscht mir Glück und versucht nicht mich zu erreichen, ich muss mich selbst erreichen.