Hiob – Ein Nachtrag

Wir haben gesehen, dass Hiob durch das Leid transformiert worden ist.1 Er hat Abschied genommen vom transaktionalen Denken, tit-for-tat. Er erwartet nicht mehr, dass ihm etwas Gutes passiert, dafür, dass er Gutes tut.

Ein wichtiger Aspekt ist mir dabei entgangen. Hiob hat subjektiv vollkommen die Kontrolle über sein Schicksal verloren: Gut sein, war sein Mittel zur Kontrolle. Doch solange man gut ist und das Leben gut ist, ist es unmöglich zu erkennen, dass man keine Kontrolle über das Schicksal hat. Alles erscheint, als ob man Kontrolle hätte.

Es muss etwas einschneidendes passieren, dass man diese Illusion verliert: Man muss unschuldig leiden und wissen, dass man unschuldig ist.2

Jetzt wird auch Hiobs eigentlich Sünde offenbar: Die Anmaßung, sein Schicksal kontrollieren zu können, i.e. wie Gott zu sein.

Also kann ich jetzt machen, was ich will, weil ich keine Kontrolle über mein Schicksal habe?

Euch Leuten kann man nicht helfen. Wisst ihr nicht wie viel Wert ein reines Gewissen ist?


  1. Was ist nur mit Hiob los? 

  2. Hier von ausgehend könnte man dann wieder die Frage nach dem gerechten Gott stellen. Man muss sich aber insgesamt fragen, warum dieser Text, immer direkt in Zusammenhang mit dieser Frage gelesen wird. Von welcher bitteren Erkenntnis wird man geschont, wenn man sagt “Ja, Hiob, das behandelt die Theodizee”?